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Supervisions-Erfahrungen

Realschullehrerin (18 Jahre im Schuldienst):

Nach 23 Jahren als Lehrer an einer Schule erlebte ich mich immer häufiger eingefahren, ausgepowert, krank und lustlos. Über eine Kollegin erfuhr ich von einer Supervisionsgruppe, in der sie ein Jahr mitgearbeitet hatte und durch die sie eine Vielzahl von Anregungen für ihren beruflichen Alltag bekommen hatte.
Mittlerweilen habe ich an 15 Supervisionssitzungen in einer Lehrergruppe teilgenommen. Was hat sich dadurch für mich verändert? Eine sehr wohltuende Erfahrung war es für mich, in regelmäßigen Abständen ganz in Ruhe ohne die Hektik des Schulalltages über schulische Probleme zu reden d.h. sich Zeit zu nehmen, eine Situation, die ein Mitglied der Gruppe erlebt hat, von allen Seiten zu beleuchten und somit z.T. zu ganz neuen Sichtweisen zu kommen. Ich selber habe für mich erkannt, dass ich die (zu) hohen Erwartungen, die ich an mich und meine Arbeit stelle, überdenken muss, wenn ich die nächsten 10 Jahre noch gesund in der Schule arbeiten möchte. 
Sehr interessant war es für mich immer wieder zu erleben, wie unterschiedlich eine von einem Gruppenmitglied geschilderte Situation von den anderen Gruppenmitgliedern oder auch mir wahrgenommen und erlebt wurde. Das hat mir immer wieder deutlich gemacht, wie relativ und subjektiv doch das eigene Erleben ist.
Ich weiß nicht, ob es ohne die Anregungen, Rückmeldungen und Fragen der Gruppenmitglieder und des Supervisors  zu den Veränderungen in meiner Haltung und Wahrnehmung gekommen wäre, die mir inzwischen die Arbeit in der Schule erleichtern.

 

Gymnasiallehrer (24 Jahre im Schuldienst):

Supervision: Was ist das? Und wozu braucht man die?

- Subjektive Eindrücke eines im Dienst bereits ergrauten Lehrers (Mannes), der es als Glücksfall empfindet, an einer solchen teilzunehmen -

Die allgemeine Ausgangslage: Das Kollegium eines mittelstädtischen Gymnasiums, dessen Zusammensetzung über Jahre, fast schon Jahrzehnte, ziemlich stabil geblieben ist. Ein nicht zu geringer Anteil von Lehrpersonen pendelt aus größeren und kleineren Orten der näheren und weiteren Umgebung ein. Der leider relativ normale Beförderungsstau, der unerträglich lange angehalten hat und der darin gipfelte, dass zu wenige Kolleginnen und Kollegen nach A-14 befördert wurden. Und vor ein paar Jahren ein Schulleiterwechsel, der naturgemäß dazu führte, dass das interkollegiale Beziehungsgefüge neu justiert werden muss.
Die persönliche Ausgangslage: Engere und weniger enge kollegiale Beziehungen zu vielen Lehrpersonen. An unserer Schule gibt es durchaus Gelegenheiten zur Kontaktpflege jenseits der gemeinsamen Arbeit: offizielle Kollegiumsausflüge, informelle Ausflüge, Feiern und Treffen mit unterschiedlicher Beteiligung, private Feste, auf denen ich mit anderen Lehrpersonen in Gruppen unterschiedlicher Zusammensetzung immer wieder zusammentreffe. Aber über die Jahre hat die Offenheit in diesen Beziehungen, d.h. die Verschiedenheit der Leute, mit denen ich zusammen bin, abgenommen. Außerdem ist eine selbstbewusst auftretende und von mir gelegentlich als offensiv empfundene Frauenbewegung zunehmend in Erscheinung getreten, mit der ich auch entsprechende Zusammenstöße hatte.
Und komisch: Mit dem oder der hatte ich doch früher ein viel vertrauensvolleres Verhältnis. Die Klassenfahrt haben wir gemeinsam bestritten, jenes Projekt gemeinsam mitgestaltet, bei der Gelegenheit uns gemeinsam für ein Ziel eingesetzt; Übereinstimmungen - manches Mal überraschende - festgestellt. Und jetzt laufen wir auf dem Flur aneinander vorbei, nehmen uns in dem unübersichtlichen Lehrerzimmer (Oder ist es jetzt ein Lehrpersonenzimmer?) nur noch von Ferne oder gar nicht mehr wahr. Missverstehen uns auf Fachkonferenzen, bei hastig geführten Gesprächen und allen möglichen Gelegenheiten. Entdecken uns wieder: Ach, der/die ist auch noch da - eigentlich ganz vernünftig, nett immer noch. Geraten über Kleinigkeiten oder Wichtigkeiten in Konflikte. Eigentlich müssten wir doch nur mal in Ruhe miteinander reden. (Klingt das nach einem Ehepaar, das die „Silber“hochzeit hinter sich hat? Ein bisschen ist es wohl auch so.)
Und dann das Angebot: Supervision. Die Vorbereitungssitzung: Soll/kann ich denn mit dem/der? Ein fremder Supervisor! Ich habe mich auf das Wagnis eingelassen. Ich hatte Gesprächskreiserfahrung, die mich persönlich weiter gebracht hatte, von der ich aber auch wusste, dass sie an die Nieren gehen kann. Ängste! Hoffnungen!
Wir treffen uns alle 14 Tage, 2 ½  Stunden lang mit Pause (Wichtig!). Und man kann danach am selben Tag auch nicht mehr viel tun. Eine unserer immer kostbarer gewordenen Ressourcen - Zeit - ist bedroht. Aber wir nehmen uns die Zeit, nehmen teil, fast alle, fast immer. Es bildet sich eine stabile Gruppe. Der fremde Supervisor (Unerlässlich!) erweist sich als Glücksfall: Er schützt uns vor uns selbst und vor den anderen, wenn es notwendig ist. Er bringt uns dazu, dass wir uns mit Hilfe der Gruppe eine größere Klarheit über unsere Gefühle und Gedanken verschaffen. Und inzwischen weiß ich auch, dass  es wichtig es ist, dass es sich um einen Supervisor der Deutschen Gesellschaft für Supervision (DGSV) handelt.
Theoretisch weiß ich, dass das, was zwischen mir und anderen passiert, immer einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt hat, aber in diesen Gesprächen - ausführlichen Gesprächen in einem Schutzraum außerhalb des engen schulischen Rahmens - wird mir deutlich, wie das, was ich wohlwollend und gut meinend zu meiner Kollegin gesagt habe, bei dieser angekommen ist und wie es mittelbar Beteiligte aus der Gruppe erfahren haben.
Eine Binsenweisheit: Wie wir andere wahrnehmen, hängt davon ab, was in unserem Kopf (Bauch, Herz) vorgeht, nicht so sehr davon, was sie für Absichten hatten oder zu haben glaubten. Das mit Kolleginnen und Kollegen zusammen am eigenen Leibe zu spüren, ist Supervision. Ein Glücksfall für mich und, wie ich weiß, für andere in der Gruppe.

Komisch, dass wir so etwas nicht längst schon mal gemacht haben!